Donnerstag, 31. Januar 2013

"Niemand weiß wie weit seine Kräfte gehen..

 .. bis er sie versucht hat." (Goethe)

Lustig, wie schnell man vergessen, wie schnell man verdrängen kann.
Gut, Letzteres trifft es wohl eher auf den Punkt. Weshalb sonst sollte jemand sich freiwillig immer wieder von Neuem auf etwas so absurd Klingendes und sich in der Umsetzung noch viel absurder Gestaltendes einlassen? Die Rede ist nicht von Tattoos, welche zwar ebenfalls noch immer – wenn auch an Häufigkeit abnehmend – die Köpfe manch eines zum fassungslosen Schütteln bewegen. Nein, ich spreche von sogenannten Extrem-Crossläufen. Noch nie gehört? Wird seinen Grund haben.

Man nehme 4-5 Tausend laufwütige Sportler, schraube die Temperatur auf das Niedrigste herunter und jage sie dann 15-20 km durch einen Parkour aus zähflüssigem Dreck, Kohlenmono- und dioxid in die zuhöchst darüber erfreuten Lungen pressenden, qualmenden Feuer, mit Gehirnfrost garantierenden Eisschollen bestückte Wasserhindernisse, ca. 40cm über dem Boden gespannten Stacheldraht, in luftige Höhe aufragende Holz- und Seilkonstruktionen, mit Stromschläge austeilenden Schnüren und Holzbalken behängte Dunkelkammern und ähnliche Spaß versprechende militärische Freudenbereiter.
Was könnte es Schöneres geben?

Ich muss dazu sagen, dass nach einer bestimmten Anzahl passierter Wasserhindernisse mit Glück sämtliche Schmerzreize der Füße bereits nicht mehr das dafür zuständige Gehirnareal erreichen, die von Eisschollen und Steinen zerkratzten Schienbeine kaum noch registriert werden und das austretende Blut sich so oder so mit den Tonnen am Körper haftenden Schlammbrocken vermischen. Vor den Wadenkrämpfen hat man meist bis zum zweiten Drittel der Strecke noch seine Ruhe, bis sie einen dann urplötzlich gen Ende zu überkommen, ins Straucheln bringen und sich hartnäckig in die strapazierten Muskelfasern krallen. Dass man von den Stiefeln seiner Mitstreiter ausversehen (so hoffe ich zumindest) getreten wird, kommt nicht ständig – jedoch auch nicht selten vor, macht aber zumindest für einen kurzen Moment wieder wach bzw. reißt einen aus der Trance heraus, in die man während der ganzen Tortur oftmals verfällt.
Nach 1 ½ – 5 Stunden robbt man dann erschöpft, unterkühlt, zerschrammt und eingeschlammt ins Ziel und bekommt einen Plastikbecher heißen Kakao in die Hände gedrückt, von dem über die Hälfte gleich wieder auf den Boden wandern (die andere Hälfte in´s Gesicht), da man dermaßen unkontrolliert zittert, dass es schon eine enorme Herausforderung darstellt, den Plastikbecher nicht zwischen den tauben Händen zu zerquetschen. Aber wir lieben ja schließlich die Herausforderung.
Da die Identifikation des Läufers zu diesem Zeitpunkt durch die sorgfältig verteilte Schlammkruste für gewöhnlich ein Ding der Unmöglichkeit darstellt, wird nun erstmal (nach inzwischen völligem Verschütten des Kakaos) unter den aus aufgehängten Schläuchen austretenden Wasserrinnsalen eine „Dusche“ genommen – selbstverständlich ebenfalls eiskalt.
Und das alles für sagenhafte 80€ – 100€ Anmeldegebühr! Was ein Schnäppchen!

Wer sich nach genau solch einem freudigen Spektakel sehnt, sollte den ToughGuy™ in England keinenfalls versäumen, auf seiner To-Do Liste für´s Leben zu platzieren.
Das Faszinierende an der ganzen Geschichte ist ja, dass man sich kurz nach Erreichen des Ziels, wenn schmerzhaft das Blut beginnt sich in den nahezu gefühlstoten Zehen und Finger wieder zu melden, ein jedes Mal fragt, weshalb in Gottes Namen man sich nur auf etwas Derartiges einlassen konnte? Man schwört seinem geschundenen Körper hoch und heilig ihm nie wieder solchen Strapazen freiwillig auszusetzen. Und bereits zwei Monate später steht man bereits siegessicher vor der nächsten Startlinie.
Erklären kann ich mir das nur durch die selektive Ignoranz meines Gehirns. Dieses aktive Verdrängen bewirkt, dass ich ganz und gar die quälenden Anstrengungen zu verdrängen lerne und nur noch die Euphorie, die Medaille (an einem einfachen Plastikbändchen baumelnd, wohlbemerkt) und den Stolz darüber durchgehalten und überlebt zu haben, vor Augen habe.

 ..und übrigens:
 "Ich will keine normalen Menschen. Ich will die kaputten mit Charakter und Geschichte dahinter..."
(Zitat: Michael Kalinowski, Getting Tough e.V.)


Tough Guy Race 2013

Montag, 21. Januar 2013

denn wer es nie wagt..

..der hat bereits verloren.

Bloß nicht einschüchtern lassen, nicht deprimieren lassen, everything´s gonna be alright!

Der Plan war gut, nur an der Umsetzung scheiterte es etwas. Etwas sehr.
Meine Ansprüche bei meiner Zimmersuche - die ich nun bereits seit einigen Monaten mein Hobby nennen darf - in dieser studentenübersiedelten Stadt, sind wirklich nicht besonders hoch (ich entstamme einem 7qm Zimmer welches vor meiner Zeit als Besen- und Abstellkammer diente) aber vielleicht sollte ich mich einfachkeitshalber doch schon mal nach einem lauschigen Plätzchen unter einer Brücke umsehen – falls diese nicht ebenfalls schon restlos verpachtet und vermietet sein sollte.
Ich könnte mich auch einfach wehleidig, mit am Boden schleifenden Schultern in eine der Düsternis meiner leidenden Seele ähnelnden Ecke verkriechen, mich hysterisch hin- und her wiegen und typische Frasen kläglich von mir geben wie: „wieso immer ich?“, „oh du mein grausames Schicksal, was habe ich dir getan?“..usw. um zu belegen, dass Gott mit seinem Scheiß-Tag-Finger seit Wochen nur auf mich zeigt.
Könnte ich machen, ja.
Doch dafür bietet sich mir nicht die Chance, denn da öffnet sich die Kühlschranktüre und zielstrebig taucht ein kleines vor sich her brabbelndes grünes Wesen – nennen wir es mal Horst – auf, wackelt mit zügigen Schritten auf mich zu und brät mir mit seinem hinter dem Rücken hervorgezauberten Styroporhammer kräftig eins über.
Empört luge ich durch meine reflexartig zum Schutz vor evtl. nachfolgenden Hieben, über den Kopf geworfenen Arme hindurch und frage den kleinen, grünen Horst mit Styroporhammer was der Scheiß soll. Grimmig hält es meinem vorwurfsvollem Blick stand, sabbert ein wenig durch seine drei Zahnlücken hindurch auf meinen Fußboden und überreicht mir zaghaft den Hammer. Und puff ist der grüne Horst in einer Rauchwolke aus Schwefelgeruch und Nebelschwaden auch schon wieder hinter der Kühlschranktür verschwunden.
Was zur Hölle...?! Ungläubig starre ich auf den am Boden zurückgebliebenen Sabberfleck bevor ich mich aus meiner Starre befreie und etwas ausführlicher beginne, den Gegenstand in meinen Händen zu inspizieren, der die freundliche Aufschrift „Halt´s Maul“ trägt. 
Ich bin erstaunt, verwundert, wütend, ziemlich sauer, bis ich zu dem Schluss komme: der kleine, frisch auf den seriösen Namen Horst getaufte Scheißkerl hat Recht! Gut, mir verbleiben nur noch knappe 4 Wochen um einen günstigen Unterschlupf, vorzugsweise mit Dach und Haustüre, aufzustöbern und bisher hagelte es ausschließlich Absagen. Äußerst motivierend. Aber dann heißt es eben Arschbacken zusammenkneifen, nervig penetrante, pessimistische Stimmchen mitsamt Behausung aus der Ohrmuschel herausziehen und vernichten und anstatt mit halbleerem, mit halb vollem Glas zu neuen Eroberungen aufbrechen (also nur metaphorisch versteht sich).
Aufgeben steht nicht zur Option und wenn es auch noch so nervenaufreibend ist (oh ja ich bin gereizt!) dann versuche ich es zumindest schon allein deshalb weiter, um nicht nochmal vom sabbernden Horst eins mit seinem (nun meinem, wenn grüner Horst nicht gerade eine ganze Vorratskammer davon besitzt) „Halt´s Maul“-Styroporhammer übergesemmelt zu bekommen. Es gibt wirklich existentiell schwerwiegendere Probleme! 
Mir dahingegen verbleibt noch eine kleine Gnadenfrist bevor ich mich – dann berechtigterweise - mit angezogenen Armen und Beinen mit Deprivationssyndromsymptomen (nettes Wort, auch wenn es heutzutage Hospitation genannt wird und eigentlich gar nicht auf meine Situation zutrifft) in einer Ecke meines 7qm Zimmers verkrieche, darauf hoffend den Start in mein neues Leben nicht glorreich als Obdachlose beginnen zu müssen.

Hier noch ein Buchtipp um die Schleichwerbung mal wieder ein wenig zu fördern: 
Homeless von Brianna Karp
 ..und übrigens:
Das Geheimnis eines glücklichen Lebens:
Sinn für Humor und ein
schlechtes Gedächtnis!

 Crossfade - No Giving Up

Dienstag, 15. Januar 2013

Wer bis zum Hals in der Scheiße steckt..

..der sollte den Kopf nicht hängen lassen.

In was für einer abgedroschenen Welt leben wir eigentlich? Bunt bestückt mit allerlei Problemen deren Lösungen sich wie damals bei mir im Mathematik Unterricht bereits während des ersten Betrachtens spurlos und auf nimmer wiedersehen grußlos aus dem Staub gemacht hatten. Und sollte aus Gott weiß welchem ersichtlichen Grund zufällig doch einmal die Lösung des Problems (nur eines davon, schließlich gibt es ja noch genug weitere davon) aufgetrieben worden sein, so lauern an der nächstbesten Ecke bereits zwei neue Exemplare der Kategorie „Sorgenbereiter“.
Oh du grausame Welt, schmeißt mich vom Regen in den Stausee und gönnst mir weder Spatz in der Hand, noch diese dämliche Taube auf dem Dach. Und selbstverständlich ist es stets meine Wenigkeit an der du deinen Galgenhumor gekonnt auszuleben weißt.

So oder ähnlich denkt zumindest ein großer Teil der Bevölkerung. Gnadenloses pessimistisch und überaus bemüht darin, diese Einstellung auf jeden Fall beizubehalten.
Aber wieso denn? Klar, ein gewisser Prozentsatz an realistischer Denkweise sollte stets vorhanden sein und der bloße Optimist landet am Ende seines Höhenflugs auch irgendwann einmal auf dem Boden der Tatsachen (zwar mit einem Grinsen, aber dennoch ist die Landung nicht unbedingt weich) aber muss denn bei jedem Streit, jedem dicken Schädel und jeder Tasse deren Henkel abkrachte (oh nein!) gleich die Welt ihrem Untergang geweiht sein? Deshalb fliegen doch nicht sofort die Apokalyptischen Reiter vom Himmel um diese unglaublich grauenvolle Welt von ihrer schrecklichen Trostlosigkeit zu erlösen.

Leute, es geht viel einfacher.
Dinge geschehen nun mal auch wenn sie einem gerade nicht (oder nie) in den Kram passen mögen. Was nutzt es uns sich noch Tage später darüber aufzuregen? Wenn es sich so oder so nicht mehr rückgängig machen oder ändern lässt, dann hilft doch auch das kreativste Gefluche und die ausdauerndste Präsentation der Tränendrüsen nichts. Die Sorgenfalten bohren sich nur tiefer in die Stirn, graue Haarsträhnen sprießen vereinzelt als leuchtende Vorboten des alternden biologischen Rhythmus auf dem Haupte und das Umfeld hat nach kurz daher geheuchelter Mitleidstour ebenfalls die Nase voll von unserem Problem. Die Zeit wird sich nicht per Mausklick zurückspulen lassen, trotz des modernen Zeitalters in dem wir leben. Vielmehr heißt es nun: Kopf aus dem Sand ziehen und verdammt nochmal weiter leben, denn das ist ja das Geniale: das Leben geht weiter!
Sind wir nicht selbst schuld daran, wenn wir uns aufregen? Auf keinen Fall werde ich bestreiten, dass wir nicht manchmal (oder eben öfter) allen Grund dazu hätten, es zu tun, aber tun wir uns damit denn einen Gefallen? Nein! Wird die Dimension des Problems dadurch schrumpfen? Nein! Weshalb also unnötig lange noch damit beschäftigen, damit auch ja jede einzelne Fuge des Gehirns auf „Depressiv“ schalten kann? Wenn es keine Lösung gibt dann fang wenigstens endlich damit an, eine Strategie zusammen zu tüfteln, wie zumindest die Gedanken an das Problem effektiv aus dem Gehirnareal vertrieben werden können und wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, dann frag bloß nicht nach Tequila und Salz, sondern klatsch sie ganz einfach an die Wand und hör auf damit, dich und deine Freunde mit Spirituosen abzufüllen, denn Alkohol verstärkt ja bekanntlich die präsente Gefühlslage. Naja und manchmal muss man einer Person oder dem Alltag einfach lernen zu verzeihen, ganz gleich ob man nun später darüber lachen kann oder nicht.

..und übrigens:
Wir schwelgen zu sehr in der Vergangenheit, haben Angst vor der Zukunft und vergessen dabei völlig, die Gegenwart zu genießen.

Itchy Poopzkid - Why still bother?

Montag, 14. Januar 2013

Hinfalln´, Aufstehn´,...

...Krone richten, Weitergehn´.

Nachdem ich fürsorglich das zuvor in meiner Fressluke gut durchschleuderte Zahnputzwasser über die – wie sollte es anders sein – in´s Waschbecken hängenden Kopfhörer (ja da gehören sie hin..) gespuckt hatte, konnte der Tag nur großartig werden. Auch mein beinahe zum allmorgendlichen Ritual verwachsenes über-in-der-Gegend-verstreute-nutzlose-Gegenstände-Gestolpere (was z.B. hat die verdammte Ikea Blumenvase auf dem Küchenfußboden zu suchen?) durfte ich mir selbstverständlich aufgrund der göttlichen Freude welches es mir stets bereitet, keineswegs entgehen lassen. Noch schnell auf dem gefrorenen Putzwasser ausrutschen das ich gestern in einem kurzen Anschwung an Putzfreude gedankenlos über die Eingangsstufen gekippt hatte (gefrorene Fussel sehen von Nahem betrachtet seltsam interessant aus, fast so faszinierend wie ein Stuhl..) und dann zügig mit verdrehter, mehr übergeschmissener statt angezogener Jacke zum Bus hechten.
Ich wollte diesen Bus unbedingt. Er mich nicht. Dumm.
Für spontane Planänderungen bin ich normalerweise gern zu begeistern werden aus der Spontaneität heraus schließlich meist die besten Ideen geboren..nur nicht um 6.00 Uhr in der Frühe.

Kurzer Zeitsprung in der Erzählung

Mit Boardbag und am Rucksack baumelndem Helm an den leicht (Untertreibung) verärgert drein blickenden Zugpassagieren aus dem Abteil gequetscht, führten meine in ausgelatschten, frischluftfanatischen ( = bis zum Boden hin durchlöcherten) Schlappen steckenden Füße mich auf direktem Weg natürlich erst einmal zur Bahnhofsbäckerei um meinen sich noch im Tiefschlaf befindenden Körper mit einem Café-to-go (extralarge!) wieder zu beleben.
Half nicht viel, denn die doppelte Stufe am Haus des Freundes nahm ich mit solch euphorischem Schwung, dass die eine Hälfte des Kaffees auf dem verschneiten Asphalt- und die andere auf meinem kürzlich erst sauber geschrubbten Jackenärmel landete. Das kam allerdings später, denn zuvor musste ich erst noch das – wenigstens durch die Boardtasche gepolsterte – Board gegen das dunkelblau lackierte Vehikel des Freundes donnern. Fast ebenso schwungvoll wie ich den Kaffee danach, spendabel wie ich bin, mit meiner Umwelt geteilt hatte. Ich könnte eventuell darüber nachdenken meine Augen während dem Laufen zu öffnen. Was ´ne Idee. Nobelpreisverdächtig.
So kämen auch meine „Schatten der Taten“ aka Augenränder besser zur Geltung.
Und was für tolle Ringe das sind! Blaulila mit einem feinen Rotstich darin der beinahe so schön wie die sanfte Morgenröte über den Weiten des Ozeans zu betrachten ist (hey, ich sagte doch beinahe..)

Was mich im Skigebiet angekommen dann schlussendlich wirklich zum Zweifeln an meinem Wachheitszustand veranlasste war die – ich gebe zu, etwas zeitmäßig danebenliegende – Feststellung, dass die für´s Boarden doch ab und an ganz hilfreichen Boots kurzerhand beschlossen hatten, heute einmal einen Ruhetag einzulegen und es sich 1 ½ Stunden zurückliegende Fahrt entfernt, vor meiner Zimmertüre bequem zu machen. Ohne mich. Lag natürlich nicht daran, dass ich eventuell machmal etwas kopflos durch die Gegend renne. Nein.
10 hart verdiente Euro ließ ich deshalb dafür liegen um mir – schmerzgeil wie ich nunmal bin – Leihboots zu besorgen die mir nach zwei, drei Abfahrten das angenehme Gefühl verliehen, meine Zehennägel hätten sich in einem urplötzlichen Wachstumsschub in kunstvoll gebogener Form direkt in mein eigenes Fleisch zurück gebohrt. Zwei weitere Abfahrten und den ein oder anderen Gesichtsschneepflug später, konnte ich so oder so nur noch erahnen, dass dort an jener Stelle an der ich all die Jahre zuvor gewohnt war meine Zehen anzutreffen, einmal Blut seine Bahnen geschwommen war. Umso aufrichtiger wusste ich meine Freude dann auszudrücken, als ich am Ende des Tages mich aus diesen etwas zu kuschelbedürftigen Boots befreien konnte und feststellte, dass entgegen aller Erwartungen meine Füße noch nicht abgestorben waren (wenn auch deren Geruch ein ziemlich eindeutiges Indiz darauf gewesen wären). Lebt meine kleinen Füßlein, lebt!

..und übrigens:
„Die mit Türmen an Salz belagerte Frühstücksseele von ihrer salzigen Belagerung zu befreien ist ungefähr so meditativ wie der morgendliche Gang auf die Toilette.“


Planlos - Chaos


Samstag, 5. Januar 2013

Alle sagten: "Das geht nicht."..

..Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es gemacht.

Um 1.°° Uhr mittags (also tief in der Nacht) reißt mein grelltöniger Wecker seine überdimensional große Klappe auf und meint mich mit engelsgleichem Geschrei liebevoll (oder so ähnlich) aus meinem gerade erst spannend gewordenen Traum heraus katapultieren zu müssen. Auf Samthänden sieht anders aus, mein Lieber! Dieser Quälgeist von Wecker geht doch immer zuverlässig und akkurat dann runter, wenn man in sein gerade erstandenes Röstschnitzel-Sahne-Bier-Eis beißen will (jawoll, Eiskugeln werden abgebissen, nicht geschlotzt..kommt mehr mit), man mit seiner zufällig im Straßengraben gefundenen Les Paul begonnen hat DAS perfekte Solo auf den selbstverständlich keineswegs ledierten E-Saiten zu schreddern oder dazu angelegt hat DEN perfekten Backflip mit zehnfacher Drehung, mit dem an seine Stampfer geklebten Brett über einen atemberaubend hohen Kicker hinzulegen während - wie könnte es anders sein - sämtliche gehasste Menschen mit zutiefst beeindruckten Blicken den waghalsigen Sprung verfolgen.
Hallo Welt, ich bin wach und du hast mir soeben meine Traumwelt versaut. Wünsche angenehmen Morgen!

Aber ich will mich nu ja nicht beklagen, schließlich kann die Wirklichkeit mindestens genauso, wenn nicht sogar vielmals besser als die Gedankenwelt sein, in welche wir früher oder später und nach kurzem oder längerem auf der durchgelegenen Matzratze (heute Nacht raunte meinem Allerwertesten unerwartet frech eine nackte Matratzenfeder ein "servus, du auch hier?" zu)  Umhergerolle & nach dem Schließen unserer Augenlider abzudriften gewohnt sind. Es kann doch alles nahezu 1:1 in die Realität umgesetzt und verwirklicht werden. Ist nur für gewöhnlich mit "etwas" mehr Anstrengungen verbunden. An der Umsetzung hapert es dann oft nur deshalb (man kann es sich zumindest einreden) weil der menschliche Verstand klar und deutlich signalisiert, dass die angepeilte Verwirklichung des Geträumten neonrot blinkend (wie die Leuchtreklame von Coca Cola) in die geistige Schublade der Kategorie "surreal" gestopft wird. 
"Ich würde ja wirklich und wahrhaftig ALLES dafür geben und tun und machen und aufgeben und anfangen et cetera..aber wenn das neonrote Leuchtschild nunmal verstaut ist, dann ist es eben verstaut, Ende der Diskusion!"
Oder vielleicht doch eher á la:
"Lass mich in Ruhe, geh weg, du bist mir zu utopisch....ich könnte ja dazu gezwungen sein aufzustehen, nene lass mal lieber, ich habe gerade die Couch so gut eingesessen. Das war Anstrengung genug!"
Ich gehe mal davon aus, dass Letzteres ein wenig mehr Körnchen Wahrheit (oder heißt es Fünkchen? Na ist ja auch egal!) enthält. Aber so sind wir nunmal. Neigen ständig dazu uns über den ach so erlebnislosen, tristen Alltag auszukotzen, sind dabei aber stets streng darauf bedacht nur keine unnötige Muskelanspannung zu betätigen. Könnte ja tödlich sein, wie?

Und noch während ich diese Zeilen hier schreibe schweifen meine Gedanken zu der nackten Matratzenfeder ab, (inzwischen habe ich noch eine weitere -oder sie mich?- gefunden) welche mir sicherlich noch die nächsten drei Monate Nacht für Nacht ihr "Servus" zuraunt und es mir mit ihrer etwas anderen Art von Rückenmassage unmöglich gestaltet ihre Anwesenheit zu verdrängen, bis ich mich schlussendlich dazu überwunden und all meine Kraft dazu aufgebracht habe in ein dänisches Bettenlager zu schlurfen um eine neue Matratze zu kaufen.

..und übrigens:
"Wir vermögen mehr als wir glauben. Wenn wir dies erleben, werden wir uns in Zukunft nicht mit weniger zufrieden geben."
(Kurt Hahn)


The Ramones - We want the Airwaves